Zukunft der ärztlichen Gesundheitsversorgung im Kanton St.Gallen

2024 bat unsere Sektion den vormaligen Spitalverbund, nun HOCH - Health Ostschweiz, um eine Stellenerhebung betreffend der ärztlichen Ausbildungsplätze. Die Erhebung bestätigte leider die Befürchtungen unseres Vorstands. Erstmals liegen Zahlen vor, welche aufzeigen, wie drastisch die Einstiegsmöglichkeiten für angehende Ärztinnen und Ärzte nach dem Medizinstudium im Kanton St.Gallen in den zurückliegenden 7 Jahren sanken.

Medienmitteilung der vsao Sektion St.Gallen / Appenzell

 

Als Verband der schweizerischen Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte begleitet die Sektion St.Gallen / Appenzell den Transformationsprozess des St.Galler Gesundheitswesens seit jeher aufmerksam und kritisch. Bei der Schliessung der Spitäler Flawil, Rorschach und Wattwil betonten wir die Wichtigkeit einer Anschlusslösung und Kompensation derwegfallenden Weiterbildungsplätze dieser Regionalspitäler. Dies aus Sorge den ärztlichen Nachwuchs an andere Spitalregionen zu verlieren und so einen ärztlichen Versorgungsengpass insbesondere bei den Grundversorger:innen riskieren.

2024 bat unsere Sektion den vormaligen Spitalverbund, nun HOCH – Health Ostschweiz, um eine Stellenerhebung betreffend der ärztlichen Ausbildungsplätze. Wir haben diese im vergangenen Oktober erhalten und konnten die Resultate in einer persönlichen Besprechung mit Prof. Brändle, dem Klinikdirektor der Inneren Medizin, Sandra Zieri des HR, und dessen Leiterin Nicole Giuliani diskutieren. Die Erhebung bestätigte leider die Befürchtungen unseres Vorstands. Erstmals liegen Zahlen vor, welche aufzeigen, wie drastisch die Einstiegsmöglichkeiten für angehende Ärztinnen und Ärzte nach dem Medizinstudium (Staatsabgänger:innen) im Kanton St.Gallen in den zurückliegenden 7 Jahren sanken.

Von vormals 218 Stellen im Jahr 2017 (damals existierten die Standorte Flawil und Rorschach noch) sank die Anzahl Stellen für Staatsabgänger:innen auf 145 Stellen an den verbleibenden Standorten St.Gallen, Grabs/Altstätten, Uznach und Wil. Personen, welche mit dem St.Galler Gesundheitswesen vertraut sind, wissen, dass der Standort Altstätten demnächst geschlossen werden wird und Uznach ebenfalls unter starkem finanziellem Druck steht. Somit werden ohne Gegenmassnahmen weitere wichtige Einstiegs-Stellen verloren gehen.

Pikant sind folgende Tatsachen: Zur Kompensation der wegfallenden Stellen in den Spitälern Flawil und Rorschach wurden am Kantonsspital St.Gallen (KSSG) z.B. im Departement der Inneren Medizin 8 Juniorenstellen für Staatsabgänger:innen kreiert. Infolge des Ergebnisverbesserungsprogramms des Spitalverbunds wurden davon 4 Stellen gestrichen. Es verbleiben somit lediglich 4 Stellen am Kantonsspital für ca. 20 Stellen, welche durch die Schliessung der beiden Regionalspitäler wegfielen. Die chirurgischen und orthopädischen Stellen, welche entfielen, entziehen sich derzeit unserer genauen Kenntnis, werden aber in ähnlicher Grössenordnung ausfallen.

Erfreulich ist aus Sicht der Medizinstudierenden, welche dereinst in der Ostschweiz tätig werden möchten, der Stellenausbau in der Geriatrie. Gleichwohl dienen diese Stellen nur den wenigsten als äquivalenten Ersatz für eine Stelle auf der Inneren Medizin oder in einem chirurgischen Fach, aber sie stellen zumindest eine Alternative dar. Trotzdem befürchten wir, dass Studienabgänger:innen künftig andere Arbeitsregionen bevorzugen werden, sofern sie eine Karriere in der Innerer Medizin oder einem chirurgischen Fach anstreben.

Als vsao St.Gallen / Appenzell sind für uns qualitativ hochwertige und in genügender Anzahl verfügbare Aus- und Weiterbildungsplätze stets von entscheidender Bedeutung, um eine hochwertige Gesundheitsversorgung in der Ostschweiz in Zukunft zu gewährleisten. Die nun vorliegenden Zahlen zeigen in erschreckender Klarheit den drohenden Versorgungsengpass in unserem Kanton auf. Die Baby-Boomer-Generation der noch berufstätigen Hausärzt:innen wird demnächst pensioniert und statt einer Ausbildungsoffensive stehen in unserem Kanton die Signale auf Leistungsabbau.

Unser Berufsverband stand den nun realisierten Abbau-Plänen kritisch gegenüber und beobachtet den aktuellen Zustand mit grosser Besorgnis. Sollen im Kanton St.Gallen auch in Zukunft eine hochwertige ärztliche Gesundheitsversorgung gewährleistet werden, braucht es eine entschiedene Kursänderung.

Der vsao St.Gallen / Appenzell schlägt dem Kantonsparlament und der Regierung folgende Massnahmen vor:

1. In den verbleibenden Regionalspitälern sollen die Ausbildungsplätze für Staatsabgänger:innen ausgebaut werden. Dies bedingt zusätzliche finanzielle Mittel, um den bereits finanziell belasteten Spitälern den erforderlichen finanziellen Spielraum zu ermöglichen.

2. Der Joint-Medical-Master ist eine Notwendigkeit, um Medizinstudierende auch in Zukunft in unsere Region zu lenken. Ein Scheitern dieses innovativen und offensichtlich beliebten Studien-Angebots, darf in keiner Weise in Kauf genommen werden.

3. Innovative Konzepte wie das neu entstehende Curriculum auf der Zentralen Notaufnahme des KSSG sollen wohlwollend geprüft und finanziell unterstützt werden. Sie können eine Alternative bieten für Chirurg:innen und Orthopäd:innen, welche keine Anschlussstelle in ihrem Stammfach finden konnten.

Selbstverständlich steht unser Verband für eine Lösungsfindung und weiteren Dialog zur Verfügung. Wir möchten den politischen Entscheidungsträgern mit Rat und Expertise zur Seite stehen, werden jedoch weiterhin mit wachem Auge die politischen Vorgänge beobachten. Insbesondere werden wir dieselben Fragen in den chirurgischen Fächern klären und eine Stellenerhebung im Kanton Appenzell Ausserrhoden anstreben.

 

Für den Sektionsvorstand

 

Präsident Severin Baerlocher                               Vizepräsidentin Josephine Reichardt

 

Geschäftsführer Andreas Petrik

 

 

SRF (Schweizer Radio- und Fernsehen) veröffentlichte am 04.02.2025 einen Videobeitrag zum Thema. Ihr findet ihn unter folgendem Link: